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Der Bologna Prozess im Überblick
Der sogenannte Bologna Prozess geht auf die Bologna Erklärung zurück. Mit deren Unterzeichnung am 19. Juni 1999 verpflichteten sich 29 europäische Nationen zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraumes bis 2010.
Ziel des Bologna Prozesses war die Vereinheitlichung und dadurch die Vergleichbarkeit und gegenseitige Anerkennung der Hochschulabschlüsse in Europa. Dies sollte die Mobilität von Dozenten und Studenten erhöhen und die Zusammenarbeit der Hochschulen über Ländergrenzen hinaus fördern. Kern des Bologna Prozesses war die Einführung eines 2- beziehungsweise 3‑stufigen Abschlusssystems (Bachelor-Master-Doktor).
Mittlerweile beteiligen sich 47 europäische Staaten am Bologna Prozess (Stand Juni 2013). In der folgenden Übersicht sind die beteiligten Länder nach Beitrittsdatum aufgeführt.
1999 |
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2001 |
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2003 |
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2005 |
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2007 | Montenegro |
2010 | Kasachstan |
Monaco und San Marino sind die einzigen EU-Staaten, die aus freien Stücken nicht am Bologna Prozess teilnehmen. Weißrussland wurde 2012 zunächst abgelehnt, da die Mitgliedsstaaten an der Wahrung der akademischen Freiheit im Land zweifelten.
Diese vier Interessenten erfüllen die Aufnahmebedingungen ebenfalls nicht:
- Kirgistan
- Kosovo
- Israel
- Nordzypern
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Die Umsetzung des Bologna Prozesses
Das Jahr 2010 galt als Stichjahr für die Vereinheitlichung des europäischen Hochschulraumes durch den Bologna Prozess. Allerdings war der Prozess 2010 aufgrund des ungleichen Umfangs der Umstrukturierungsmaßnahmen in verschiedenen Ländern unterschiedlich weit fortgeschritten.
Einige Länder wie Großbritannien, Irland, Spanien oder Dänemark konnten bei der Umsetzung des Bologna Prozesses auf ein bereits existierendes 2- beziehungsweise 3‑stufiges Abschlusssystem zurückgreifen. Nicht immer hat sich dieser Umstand jedoch als Garant für die erfolgreiche oder leichtere Umsetzung des Bologna Prozesses erwiesen. In dem Glauben, Europa übernehme mit dem Bologna Prozess das britische Modell, veränderte Großbritannien sein Hochschulsystem kaum. Die Folge: Das britische Hochschulsystem unterscheidet sich heute in vielen Punkten von dem System Kontinentaleuropas, was einen Austausch zwischen beiden erschwert. Weitgehend problemlos verlief der Bologna Prozess hingegen in Irland und Norwegen, den Niederlanden, Belgien, Estland, Italien und Finnland.
In anderen Ländern führte der Bologna Prozess wiederum zu großen Problemen und erzeugte heftigen Widerstand. In Deutschland kam es im Rahmen des Bologna Prozesses zur umfassendsten Studienreform der Nachkriegsgeschichte. Die Umstellung rief hier starke Widerstände sowohl in der Studentenschaft als auch bei den Hochschulen hervor. Die Liste der Kritikpunkte war lang und reichte von der Verschulung des Studiums über die übermäßige Verdichtung des Stoffes bis hin zur unklaren Regelung der Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen. Mittlerweile ist der Bologna Prozess in Deutschland weitgehend umgesetzt. 2010 waren 85 % aller Studiengänge auf das 2-gliedrige System umgestellt. Einige Studiengänge (wie Lehramt, Medizin und Jura) verwehren sich dem Bologna Prozess allerdings bis heute erfolgreich.
Deutschland steht mit dem Widerstand gegen den Bologna Prozess keineswegs alleine da. Zum Teil heftige Widerstände hat es auch in Österreich, der Schweiz, Kroatien, Frankreich und Griechenland gegeben. Die Proteste richteten sich dabei nicht immer in erster Linie gegen den Bologna Prozess. Häufig waren vielmehr unter dem Deckmantel des Prozesses durchgeführte Sparmaßnahmen und der Versuch, Studiengebühren zu erheben, Auslöser der Proteste.
Unterschiedliche Ausgangsbedingungen und Widerstände haben dazu geführt, dass es in manchen Ländern zu Sonderregelungen gekommen ist, die der Bologna Prozess so nicht vorgesehen hat. Bulgarien führte das 2-stufige Studiensystem zwar ein, jedoch gibt es dort nach wie vor Hindernisse bei der Anerkennung des Bachelor Abschlusses aus anderen Ländern. Häufig müssen die Studenten einen gesonderten Englisch-Test absolvieren. In zahlreichen Ländern sind einige Studiengänge wie Medizin, Jura und zum Teil die Ingenieurwissenschaften vom Bologna Prozess weitgehend oder zum Teil ausgenommen. Nur Belgien, die Niederlande und die Schweiz haben bisher für Medizin die 3-stufige Studienstruktur (Bachelor - Master - Promotion) eingeführt.
Andere Länder haben die Abschlüsse zwar eingeführt, die alten Abschlussbezeichnungen aber beibehalten, was häufig für Verwirrung sorgt. In Frankreich schließt das Bachelor Studium zum Beispiel mit der "licence", in Belgien mit dem "Bechelier", in Polen mit dem "licencjat" und in Italien mit dem "Laurea di 1° livello" ab.
Zudem unterscheiden sich die Studiengänge von Land zu Land in ihrer Dauer und damit auch in der Anzahl der zu erwerbenden Credit Points. Während beispielsweise in Schweden, Polen, Frankreich, Italien und Estland das 3+2 System (3‑jähriger Bachelor + 2-jähriger Master) vorherrscht, dominiert in Spanien, Ungarn und der Ukraine das 4+1 System. In England, Deutschland, Finnland und in zahlreichen Balkanstaaten existieren beide Systeme gleichberechtigt nebeneinander. In Schottland, Litauen, der Türkei und Russland hat sich mit dem 4+2 System sogar noch ein drittes Modell entwickelt.
Während einige Länder den Bologna Prozess bereits abgeschlossen haben, stehen andere noch ganz am Anfang. Spanien hat etwa, trotz seiner Teilnahme am Bologna Prozess seit 1999, erst 2008 angefangen, Bachelor Studiengänge einzuführen. Auch in Ungarn begann die Umsetzung erst 2005. Die Fächerwahl hat sich mit den neuen Abschlüssen zudem von über 400 auf 108 Hauptfächer verringert.
Der Bologna Prozess hat die europäische Hochschullandschaft nachhaltig verändert und sich in Europa weitgehend durchgesetzt. In vielen Ländern ist die vollständige Umsetzung aber auch im Jahr 2013 noch nicht abgeschlossen. Es bleibt einiges zu tun, sodass der Zeitrahmen für die Umsetzung des Bologna Prozesses bis 2020 verlängert wurde.
Der Bachelor außerhalb Europas
Außerhalb des europäischen Bildungsraumes gibt es vor allem in englischsprachigen Ländern die Abschlüsse Bachelor und Master. Diese entsprechen allerdings in ihrer Struktur in den meisten Fällen nicht den europäischen Anforderungen. Für den US-amerikanischen Bachelor ist zum Beispiel ein 4‑jähriges Studium erforderlich, ein Jahr mehr als in vielen europäischen Staaten. Daher gibt es in den USA auch häufig Schwierigkeiten bei der Anerkennung des europäischen Bachelor für ein anschließendes Master Studium. Andersherum gibt es allerdings keine Schwierigkeiten.